Häufig wird mir die Frage gestellt, wie ich es geschafft habe, dass mein Pferd mir vertraut. Ja nun ich denke nicht, dass es eine Anleitung für den Aufbau von Vertrauen gibt. Für mich ist bei der Arbeit mit Amy schon immer wichtig gewesen, sie möglichst abwechslungsreich zu beschäftigen und gemeinsam mit ihr Spaß zu haben. Wir arbeiten ja nicht miteinander um Vertrauen aufzubauen, sondern wir arbeiten aus Freude miteinander, da kommen Vertrauen und sich aufeinander verlassen können von ganz allein.
„Die Liebe zwischen zwei Menschen lebt von den schönen Augenblicken, aber sie wächst durch die schwierigen Zeiten, die beide gemeinsam bewältigen.“
Ich finde das Zitat sehr passend. Man verbringt gerne Zeit mit jemanden, wenn er einen zum Lachen bringt und man gemeinsam eine schöne Zeit hat. Doch woran man beim anderen ist, sieht man oft erst, wenn Probleme auftreten. Amy und ich hatten auch so unsere Schwierigkeiten, Momente in denen wir beide nichts mit dem anderen anzufangen wussten, aber wir haben uns nie aufgegeben.
Wir haben uns als Team vielen Herausforderungen gestellt: Der erste Sprung, das erste Mal alleine vom Hof gehen, Verladetraining, Einsprühen mit Fliegenspray, das erste Turnier und auch die ersten Versuche, Zirkuslektionen zu erlernen. Rückblickend betrachtet hat nichts davon sofort funktioniert. Wir sind in Sprüngen oder im Zaun gelandet, Amy hat sich im Wald losgerissen und ist weggelaufen, hat mich beim Verladen oder Einsprühe über den ganzen Hof gezogen und das sie jemals auch nur einen Trick lernt, hätte ich auch nicht gedacht.
Trotz aller schlechten und gerade wegen der guten Zeiten sind wir zu einem Team gewachsen. Ich denke, ohne diese Erlebnisse wären wir auch nicht die, die wir heute sind. Ich kann nur jedem raten, nicht aufzugeben und auch Schwierigkeiten als Chancen zu sehen, denn einfach kann jeder.
Die Frage nach dem Vertrauen fällt häufig im Zusammenhang mit dem Liegen. Ja es mag sein, dass es durchaus ein Vertrauensbeweis ist, wenn sich das Pferd ablegen lässt. Doch ich muss sagen, auch wenn es für mich immer noch ein ganz besonderes Gefühl ist, wenn Amy sich ablegt, ist es eben doch eine Zirkuslektion. Wenn ein Pferd nach dem Wälzen liegen bliebt, weil der Besitzer 5 kg Möhren vor seine Nase kippt, ist das für mich weniger Vertrauen, als Hunger. Ja, Vertrauen bei der gemeinsamen Arbeit gehört dazu, aber es ist eben doch ein Stück weit so, dass es ein erlerntes Verhalten ist. Amy vertraut nicht nur mir, sondern vor allem auch darauf, für ihr Verhalten belohnt zu werden. Belohnung muss auch nicht zwangsläufig essbar sein, auch liebe Worte oder ein Streicheln genügen.
Wenn jemand davon träumt, seinem Pferd das Liegen beizubringen sollte er vielleicht weniger nach einer Anleitung für Vertrauen suchen, sondern lieber einen Weg finden, dem Pferd zu erklären, welches Verhalten man von ihm wünscht. Vertrauen, Liebe, Geborgenheit und für einander da zu sein sind die Grundvoraussetzungen für eine gute Beziehung. Um dem Pferd aber verschiedene Lektionen beizubringen, ist es nötig einen Weg zu finden, dem Pferd dieses Ziel aufzuzeigen. Und ich habe tatsächlich mal verzweifelt überlegt, Amy ein Youtubevideo unter die Nase zu halten, damit sie sieht, was ich gerne von ihr möchte.